Sonntag, 19. April 2015

Die neue Koran-Hermeneutik der Frauen (aktualisiert)

Juliette Minces - deutsche Ausgabe
von "La femme voilée"
Frauen der islamischen Welt sind nicht länger bereit, ein durch Männer diktiertes Verständnis des Koran als sakrosankt hinzunehmen. Die bekannte amerikanische Islamwissenschaftlerin Amina Wadud macht dies immer wieder deutlich. Sie legt damit eigentlich nur offen, was selbst Frauen im Jemen (Welt online, 23.07.2012) aufs Tiefste bewegt, nämlich mit dem Koran in der Hand für die wirkliche Gleichberechtigung der Frau einzutreten. Und die Prediger sollen dabei helfen! Die Widerstände sind  allerdings erheblich.

Zur Orientierung - Asma Barlas, Nahide Bozkurt, Rabeya Müller: Den Koran neu gelesen - feministische Interpretationen. Interkultureller Dialog. Islam und Gesellschaft Nr. 6. Berlin: Friedrich Ebert-Stiftung 2008, 24 S.

Asma Lambaret und andere:
Frauen im Islam - Feministische Koranauslegungen?


Amina Wadud gehört zu den wichtigsten Vorreiterinnen eines islamischen Feminismus. Sie hält Moscheegebete und Freitagspredigten. Ihr Engagement und ihre Kompetenz sind beeindruckend: Islamischer Feminismus und Reformislam - gegen die Politisierung des Islam (Qantara.de, englisch, 16.04.2012).

Eine wichtige Rolle spielt auch Fatima Mernissi aus Marokko, die als Soziologin das traditionelle Bild der Frau in Zusammenhang mit der modernen Gesellschaft und einer aktualisierenden Interpretation des Korans bringt.

Sehr beeindruckend setzt sich auch die Medizinerin Asma Lamrabet für eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Sinne eines islamischen Wertverständnisses ein.

Ausführlich hat sich auch die Soziologin Juliette Minces mit der islamischen Genderproblematik beschäftigt, besonders in: La femme voilée. Islam au féminin. Paris: Calmann-Lévy 2009.
--- Ausführliche Leseprobe (französisch): hier 
--- Rezension in Persée 1990, Vol 6, no. 6-2, p. 147-148

Auf die Emanzipation islamischer Frauen am Beispiel Algerien weist bereits die Journalistin und Maghreb-Kennerin Florence Assouline hin:
--- Musulmanes. Une chance pour l'islam. Paris: Flammarion 1992


Carla Amina Baghajati: Muslimin sein.
25 Fragen - 25 Orientierungen.
Innsbruck-Wien: Tyrolia 2015, 224 S. --- Inhaltsverzeichnis 
--- Einleitung  (S. 9-16)
--- Zum Buch: Intentionen (S. 17-23)
--- Leseprobe:  Bub & Mädchen    
--- Leseprobe: Ehre 
--- Leseprobe: Geschlechtergerechtigkeit


Umfassenden Einblick gewährt die aktualisierte
Encyclopedia of Women & Islamic Culture Online. Ed. General: Suad JOSEPH
Leiden: Brill 2015 (Der Zugang ist leider kostenpflichtig)


In Europa und Amerika steht oft die Verschleierung als Unterdrückungsmechanismus des Mannes im Vordergrund - bis hin zum Burka-Verbot in Frankreich (Spiegel online, 14.07.2014). Allerdings ist hier dringend eine Differenzierung notwendig, wie bereits die verschiedenen Typen weiblicher Verhüllung neben dem häufig anzutreffenden Kopftuch zeigen:


  • Hijab - Bedeckung des Kopfes und des übrigen Körpers. Das Gesicht bleibt frei.
  • Niqab - Vollständige Verschleierung, nur ein Augenschlitz bliebt frei.
  • Burka - Vollständige Bedeckung. Es gibt nur im Augenbereich
    ein Stoffgitter zum Durchschauen
  • Tschador - schwarzes, den gesamten Körper bedeckendes Gewand,
    nur der Gesicht bleibt frei.

Kurze Darstellung der verschiedenen "Schleier"-Typen: hier
(Le Monde online, 11.04.2011) 

Ergänzend: Frauen in der Geschichte
Fortschritte und Rückschläge von der Antike bis zur Gegenwart


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